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Die Frau nahm mich bei der Hand, und wir traten ins Haus. Das
Haus war heimelig, jedoch ganz einfach. Die Wände aus Stein,
Boden und Decke aus Holz. Vor dem brennenden Kamin saß
ein Mann von etwa sechzig Jahren.
Sobald er den Pater sah, erhob er sich, um ihm die Hand zu
küssen.
»Bleiben Sie sitzen«, sagte der Pater. »Sie müssen sich noch
schonen.«
»Ich habe schon mehrere Pfund zugenommen«, entgegnete
der Mann. »Doch meiner Frau kann ich noch nicht wieder
helfen.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Bald wird es Ihnen besser
gehen als je zuvor.«
»Wo ist der junge Mann?« fragte der Mann.
»Ich sah ihn vorbeikommen, in der Richtung, in die er immer
geht«, sagte die Frau. »Nur fuhr er heute im Auto.«
Der Pater blickte mich wortlos an.
»Segnen Sie uns, Pater«, sagte die Frau. »Seine Kraft  «
» die Kraft der Heiligen Jungfrau«, unterbrach sie der Pater.
»& die Kraft der Heiligen Jungfrau ist auch Ihre Kraft. Sie
haben ihn hierhergebracht.«
Diesmal wich der Pater meinem Blick aus.
»Segnen Sie meinen Mann, Pater«, beharrte die Frau.
»Sprechen Sie ein Gebet für ihn.«
Der Pater holte tief Luft.
»Stellen Sie sich vor mich«, sagte er zum Mann.
Der Alte gehorchte. Der Pater schloß die Augen und betete ein
Ave-Maria. Dann rief er den Heiligen Geist an und bat ihn,
anwesend zu sein und diesem Mann zu helfen.
Plötzlich sprudelten die Worte aus ihm hervor. Obwohl ich nicht
recht verstand, was er sagte, klang es wie ein
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Exorzismusgebet. Seine Hände berührten die Schultern des
Mannes und strichen über dessen Arme. Er wiederholte diese
Geste mehrfach.
Das Feuer im Kamin prasselte lauter. Es konnte ein Zufall sein,
doch vielleicht begab sich jetzt der Pater in Bereiche, die ich
nicht kannte  und die die Elemente beeinflußten.
Die Frau und ich fuhren jedesmal zusammen, wenn ein
Holzscheit knackte. Der Pater bemerkte es nicht. Er war in sein
Tun versunken  ein Werkzeug der Heiligen Jungfrau, wie er
zuvor gesagt hatte. Er redete in fremden Zungen. Seine Hände
lagen jetzt reglos auf den Schultern des Mannes vor ihm.
So unvermittelt, wie es begonnen hatte, endete das Ritual. Der
Pater wandte sich um und sprach den üblichen Segen, indem
er mit der rechten Hand das Zeichen des Kreuzes machte.
»Gott möge immer in diesem Hause sein«, sagte er.
Und indem er sich mir zuwandte, bat er mich, unsere
Wanderung fortzusetzen.
»Aber Sie haben Ihren Kaffee noch nicht getrunken«, sagte die
Frau, als sie uns hinausbegleitete.
»Wenn ich jetzt Kaffee trinke, kann ich später nicht schlafen«,
antwortete der Pater.
Die Frau lachte und murmelte so etwas wie: »Aber es ist doch
erst Morgen.« Ich konnte es nicht genau hören, denn wir
standen schon wieder auf der Straße.
»Pater, die Frau sagte, ein junger Mann habe Ihren Mann
geheilt. War er es?«
»Ja, er war es.«
Mir wurde schwindlig. Ich erinnerte mich an gestern, an Bilbao,
den Vortrag in Madrid, an die Leute, die von Wundern
gesprochen hatten, an eine Präsenz von etwas, die ich gefühlt
hatte, während ich mit den anderen einen Kreis bildete.
Ich liebte also einen Mann, der heilen konnte. Einen Mann, der
seinem Nächsten diente, Leid linderte, dem Kranken
Gesundheit und dessen Verwandten wieder Hoffnung geben
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konnte. Das war eine Aufgabe, die nicht in ein Haus mit weißen
Gardinen und Lieblingsplatten und -büchern paßte.
»Fühlen Sie sich nicht schuldig, mein Kind«, sagte er.
»Sie lesen meine Gedanken.«
»Ja, das tue ich«, entgegnete der Pater. »Auch ich habe eine
Gabe und versuche ihrer würdig zu sein. Die Heilige Jungfrau
hat mich gelehrt, in den Strudel der menschlichen Gefühle
einzutauchen, um diese so gut wie möglich zu leiten.«
»Sie tun auch Wunder.«
»Ich kann nicht heilen. Aber ich habe eine der Gaben des
Heiligen Geistes.«
»Sie können also in meinem Herzen lesen, Pater. Und Sie
wissen, daß ich ihn liebe und daß diese Liebe mit jedem
Augenblick wächst. Wir haben die Welt gemeinsam entdeckt
und sind gemeinsam in dieser Welt geblieben. Jeden Tag in
meinem Leben ist er bei mir gewesen  ob ich es wollte oder
nicht.«
Was sollte ich diesem Pater sagen, der neben mir herging?
Würde er je verstehen, daß ich andere Männer gehabt, mich
verliebt hatte und, wenn ich geheiratet hätte, glücklich
geworden wäre? Als ich auf einem Platz in Soria die Liebe
entdeckt und verdrängt hatte, war ich noch ein Kind gewesen.
Doch offensichtlich hatte ich sie nicht genügend verdrängt. Drei
Tage hatten ausgereicht, und alles hatte mich wieder eingeholt.
»Ich habe ein Recht darauf, glücklich zu sein, Pater. Ich habe
das wiederbekommen, was verloren war, ich will es nicht wieder
verlieren. Ich werde um mein Glück kämpfen. Wenn ich den
Kampf aufgebe, werde ich auch mein spirituelles Leben
aufgeben. Wie Sie schon sagten, würde das bedeuten, daß ich
damit auch Gott, meine Macht und meine Kraft als Frau von mir
weise. Ich werde um ihn kämpfen, Pater.«
Ich wußte, warum dieser kleine, dicke Mann hier war. Er war
gekommen, um mich davon zu überzeugen, ihn aufzugeben,
weil er eine wichtigere Aufgabe zu erfüllen hatte.
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Nein, nein, ich kaufte dem Pater, der da neben mir herging,
seine Geschichte nicht ab, daß er wollte, daß wir heirateten, um
dann in einem Haus wie jenem in Saint-Savin zu wohnen. Das
sagte er nur, um mich zu täuschen, damit ich nicht mehr auf der
Hut war und mich von seinem Lächeln vom Gegenteil
überzeugen ließ.
Er las meine Gedanken, ohne etwas dazu zu sagen. Aber
vielleicht irrte ich mich ja, vielleicht konnte er doch nicht erraten,
was die anderen dachten. Der Nebel löste sich schnell auf, und
ich konnte jetzt den Weg, den Hang, die schneebedeckten
Felder und Bäume erkennen. Auch meine Gefühle waren nicht
mehr so verschwommen.
Unsinn! Wenn es wahr war und der Pater tatsächlich Gedanken
lesen konnte: dann sollte er sie doch lesen und alles wissen.
Sollte er doch wissen, daß er gestern mit mir schlafen wollte
und ich mich verweigerte und es nun bereute.
Gestern dachte ich, ich könnte mich, wenn er gehen müßte, an
ihn immer als meinen alten Freund aus Kindheitstagen
erinnern. Doch das waren Flausen. Auch wenn er körperlich
nicht in mich eingedrungen war, so war etwas viel Tieferes in
mich eingedrungen und hatte mein Herz getroffen.
»Pater, ich liebe ihn«, sagte ich noch einmal.
»Ich auch. Die Liebe ist immer töricht. In meinem Falle zwingt [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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